Eben war noch alles gut, doch plötzlich wirft sich Ihr Kind auf den Boden, weint und weiß nicht, wohin mit seinen Gefühlen. Es hat einen Wutanfall oder zeigt eine Trotzreaktion. Die Autonomiephase, oder auch Trotzphase genannt, wird jedem Elternteil begegnen. Der Kern dieser Phase ist der Beginn der Identitätsbildung Ihres Kindes. Gefühle zu haben, zu erkennen, Sie noch nicht einordnen zu können gehört dazu. Die Autonomiephase ist wichtiger Bestandteil für die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern, da ein transparenter Austausch, das Klären von Fragen oder auch das Kommunizieren von Sorgen große Wichtigkeit hat. Essenziell ist es in dieser Phase, mit Ihrem Kind zu gehen, anstatt dagegen. Gerade jetzt braucht ihr Kind womöglich eine Stütze, ein offenes Ohr, eine Person, die Vertrauen und Sicherheit ausstrahlt, aber auch Grenzen aufzeigt.
Der Psychoanalytiker Erik. H. Erikson beschrieb die psychosoziale Entwicklung eines jeden Menschen in einem acht Stufen Modell. Innerhalb dieser Stufen durchläuft der Mensch verschiedene Krisen, welche jedoch eine wichtige Rolle für die psychosoziale Entwicklung spielen. So auch die Autonomiephase. Kinder versuchen in dieser sogenannten Trotzphase Autonomie zu erlangen, wollen selbstbestimmt sein und ihre Bedürfnisse zum Ausdruck bringen, was sich durch Verneinungen gegenüber elterlichen Fragen äußern, oder auch durch Wut.
Kinder bilden ihre eigene Persönlichkeit, entdecken während der Autonomiephase ihre eigene Meinung und ihren Willen und möchten diesen durchsetzen. Trifft dieser auf Ablehnung, entsteht Frust, den sie noch nicht selbstständig regulieren können. Hier ist eine sensible Unterstützung der Eltern, aber auch Pädagogen in den Kitas notwendig, um das Kind an der richtigen Stelle abzuholen und es durch seine Gefühle hindurch zu begleiten.
Gleichermaßen ist die Autonomiephase ein wichtiger Entwicklungsschritt, weil Kinder auf kognitiver, als auch auf sozial- emotionaler Ebene viele neue Erfahrungen und Lerninhalte erlangen. Das Erkennen von den eigenen Gefühlen gehört als wichtiger Bestandteil dazu.
Medizinisch gesehen lässt sich jede Phase, die Kinder durchlaufen, damit erklären, dass ihre obere Gehirnhälfte, im Gegensatz zur unteren, die ab Geburt vollständig entwickelt ist, sich über Jahre hinweg bildet.
Ein Kind durchläuft in den ersten Jahren viele verschiedene Entwicklungsstufen, die sich folgendermaßen unterteilen lassen:
Jean Piaget, Kindheitspsychologe, beschäftigte sich mit Fragen zur Herausbildung von Intelligenz. Wie Kinder lernen, denken, handeln, planen sind einige der Aspekte dieser Forschung. Gewicht hatte vor allem die Erkenntnis, dass Kinder noch anders Denken als Erwachsene und, dass sie noch nicht immer allein imstande sind, Lösung zu finden.
Der Begriff der Entwicklung ist nie ausschließlich auf das Kind bezogen, sondern stets auch auf sein Umfeld. Nur durch Interaktion kann Entwicklung stattfinden.
Bei der emotionalen Entwicklung geht es um Gefühle - also das Kernthema während der Autonomie- bzw. Trotzphase. Dies steht in direkter Verbindung mit dem Wahrnehmen auf zwei Ebenen:
Auf der ersten Ebene nimmt das Kind sich selbst wahr, spürt sich, zeigt Emotionen.
Auf einer zweiten Ebene ist es Aufgabe der Erwachsenen, das Kind und seine Gefühle wahrzunehmen.
Bei der sozialen Entwicklung wird das eigene Umfeld für das Kind immer interessanter. So lernt es, andere wahrzunehmen und nach und nach zu erkennen, dass auch andere vielfältige Gefühle haben. Gerade in der Kita oder mit Geschwisterkindern lernen Kinder diese zu sehen und zu achten. Sie lernen, zu teilen, Rücksicht zu nehmen und Akzeptanz zu üben. All diese Dinge sind während der Autonomiephase nicht immer leicht. Daher bedarf es einer guten Begleitung der Pädagogen in der Kita, die dem Kind Hilfestellungen in Frustsituationen geben können, oder aber lernen, diese gemeinsam auszuhalten.
In den ersten Jahren erfahren Kinder viele unterschiedliche Eindrücke, lernen Neues, werden mit neuen Umgebungen konfrontiert und versuchen, die Welt zu entdecken. All dies zugleich kann für ein Kind sehr überwältigend sein. Daher ist es Aufgabe von Eltern und Kita das Kind nach seinen Bedürfnissen ausgerichtet zu begleiten, zu unterstützen und ihm seinen nötigen Raum zu geben, ohne es allein zu lassen.
Während wir Erwachsenen in der Lage sind, unsere Gefühle zu verbalisieren und miteinander auf Augenhöhe zu kommunizieren, befinden sich Kinder noch im Stadium, dies zu lernen. So bleibt Ihnen in der Kleinkindphase nur das Schreien und Weinen und sie zeigen ein Trotzverhalten.
Hinter dem Trotz stecken bei den meisten Kindern viele verschiedene Gefühle, die sie so zum Ausdruck bringen, sowie der Wunsch nach Autonomie. Gleichzeitig wird das Bedürfnis geäußert gehört zu werden. Es ist wichtig darauf zu reagieren und den Kindern eine Resonanz zu vermitteln.
Kinder wollen selbstständig sein und eine eigene Persönlichkeit entwickeln. Das steht teils konträr mit dem, was die Eltern sagen. So entsteht ein Konflikt, der sich bei dem Kind durch Trotz, Wut, Verzweiflung zeigt.
Das Lernfeld seinen eigenen Willen durchzusetzen, darf jedoch nicht vollständig unterbunden werden, da es zur Persönlichkeits- bzw. emotionalen und sozialen Entwicklung Ihres Kindes beiträgt.
Doch warum ist diese Phase so wichtig für die Kindesentwicklung? Wut ist in erster Instanz ein Gefühl. Und wenn ein Kind seine Wut zum Ausdruck bringt, so bringt es zugleich ein Gefühl zum Ausdruck. Gefühle zu zeigen ist ein sehr wichtiger Meilenstein in der Entwicklung eines Kindes. Noch viel wichtiger ist, dass diese ernst genommen und gehört werden. Daher brauchen Kinder ihre Eltern in dieser Zeit mehr, als es von außen scheinen mag. Als Stütze, als offenes Ohr, als Schulter. Bieten Sie Ihrem Kind das Gespräch an, über die jeweiligen Gefühle zu sprechen ist sehr bedeutend. Auch mögliche Alternativen mit der Wut umzugehen, können angeboten werden, denn oft leiden die Kinder während der Trotzphase und erleben eine starke Anspannung. Gerade Kinderbücher helfen dort sehr gut, da man über die Wut oder den Ärger und seine Gefühle ins Gespräch kommt und die Kinder in einer Geschichte Parallelen zu sich entdecken können.
Ebenso können Rituale helfen, wie beispielsweise ein Sorgenfresser-Kuscheltier, dem man alles ins Ohr flüstern kann.
Versuchen Sie einen Ausgleich zu schaffen zwischen der Selbstbestimmung Ihres Kindes, seinen eigenen Erfahrungen und möglichen Handlungsstrategien, aber auch Grenzen, die Sie setzen. So bekommen Kinder einen Rahmen, in dem Sie sich bewegen können.
Unterschieden werden muss zwischen zwei verschiedenen Phasen:
Jeder Mensch hat ein eigenes Bild vom Kind, welches sich aus unseren eigenen Erfahrungen und vor allem der eigenen Kindheit formt. Das Zurückversetzen in die eigene Situation, wenn man als Kind wütend oder überfordert war, kann helfen das eigene Kind besser zu verstehen. In der ersten Autonomiephase stehen die Wahrnehmung und das Hineinspüren im Mittelpunkt, da noch nicht jede Situation verbal beschrieben werden kann. Wahrnehmen und das Wahrgenommene nach außen tragen – „Ich sehe oder spüre, dass du gerade Wut im Bauch hast.“
Es kann hilfreich sein, Ihrem Kind Kompromisse anzubieten. So fühlt es sich gesehen und gleichzeitig bleibt eine Grenze Ihrerseits abgesteckt.
Der bedeutende Unterschied liegt in der Sprache. Ihr Kind kann sich mehr und mehr Ausdrücken und auch auf Ihre Äußerungen reagieren. Doch verstricken Sie sich nicht in zu lange Diskussionen. Die Wahrnehmung, benötigen Sie in dieser Phase ebenso, wie in der ersten Autonomiephase. Nutzen Sie den Vorteil, dass Sie Wahrgenommenes nun verbalisieren können und direkte Fragen an das Kind zu stellen.
Ein neuer Bestandteil ist die Reflektion von Situationen. Über zukünftige Situationen zu sprechen und gemeinsame Lösungsstrategien zu entwickeln. All diese Aspekte tragen zur Resilienz Bildung Ihres Kindes bei.
Es ist nicht leicht, wenn man von seinem eigenen Kind angeschrien wird und all seine Wut abbekommt. Doch oft handelt es sich um Hilferufe in einer Situation, aus der Ihr Kind nicht selbstständig herausfindet. Hierbei benötigt es Ihre Begleitung und Unterstützung. Rituale und Möglichkeiten zur Regulation zu finden und Methoden über bestehende Gefühle zu sprechen, helfen dabei, dass Ihr Kind Sicherheit erlangt.
Versuchen Sie sich in Ihr Kind hineinzuversetzen und in das Gefühl, wenn man versucht, seine eigene Identität herauszubilden.
Im Begriff Autonomiephase steckt vor allem das Wort „Phase“. Also seien Sie beruhigt, auch die Trotzphase hält nicht ewig an. Tauschen Sie sich mit uns oder anderen Eltern aus, wenn Sie Sorgen oder Fragen haben.
Quellen